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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 228/07
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.12.2006 - AZ: 2 Ca 1625/06 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen und auf den Hilfsantrag die Beklagte verurteilt, eine neue Regelbeurteilung für die Klägerin zum 1. Mai 2005 (Stichtag) zu erstellen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Parteien zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Entfernung einer dienstlichen Beurteilung aus den Personalakten der Klägerin, die seit 01.04.1974 bei der Beklagten beschäftigt ist, wobei sie ab 01.01.2002 Im Hauptzollamt K eingesetzt wird. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT richtet.
Die Klägerin begehrt die Entfernung einer Beurteilung vom 03.02.2006 für den Zeitraum 01.01.2004 bis 01.05.2005, weil das Verfahren hinsichtlich der Beurteilung formell nicht korrekt abgewickelt worden sei, weil ihr die Beurteilung zu spät ausgehändigt worden sei, da die Gremiumsbesprechung schon Ende Mai 2005 erfolgt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Beurteilung vom 17.06.2005 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Die Klägerin beantragt hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, eine Neubeurteilung zu erstellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Antrag ist damit begründet worden, dass die Verzögerung im Hinblick auf die Aushändigung der Beurteilung darauf beruhe, dass die Beurteilerin, Frau Z., an die OFD H versetzt worden sei. Die Wertungen in der Beurteilung seien zutreffend.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass die Klägerin einen Anspruch auf Entfernung der dienstlichen Beurteilung habe, weil formelle Fehler im Beurteilungsvorgang vorliegen würden. Nach der Dienstvereinbarung zur Beurteilung der Angestellten in der Zollverwaltung und der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein vom 15.12.2004 würden die Angestellten in die Regelbeurteilung der Beamtinnen und Beamten der Zollverwaltung einbezogen, wonach § 1 Abs. 4 der Dienstvereinbarung für die Regelbeurteilung der Beamten und Beamtinnen in Ziffer 32 bestimme, dass die Beurteilung dem Beamten so schnell wie möglich - wenn nicht besondere Gründe vorliegen - nicht später als sechs Monate nach der Gremiumsbesprechung durch Aushändigung einer Ausfertigung gegen Unterschrift bekannt zu geben und mit ihm zu besprechen.
Die Beurteilungsrichtlinie Ziffer 32 stelle zwingend eine Sechsmonatsfrist auf, die von der Beklagten nicht eingehalten sei. Die Gremiumssitzung habe am 07.06.2005 stattgefunden, sodass grundsätzlich die Beurteilung hätte am 07.12.2005 bekannt gegeben werden müssen. Der Umstand, dass die Beurteilung zur Beurteilerin, Frau Z., nach Hamburg zur Unterschrift habe gesendet werden müssen, um die Änderung in der Beurteilung hinsichtlich der Schwerbehinderteneigenschaft nachzuholen, stelle keinen besonderen Grund dar, die Beurteilung außerhalb des Sechsmonatszeitraumes bekannt zu geben.
Nach Zustellung des Urteils am 16.03.2007 hat die Beklagte am 11.04.2007 Berufung eingelegt, die innerhalb verlängerter Frist am 12.06.2007 im Wesentlichen damit begründet worden ist, dass die in der Beurteilungsrichtlinie aufgenommene Formalie die Beurteilung innerhalb einer Frist von sechs Monaten bekannt zu geben, nicht zur Unwirksamkeit des Beurteilungsvorgangs führe. Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht nicht ausreichend den Vortrag der Beklagten gewürdigt, warum es zur Überschreitung der Frist zur Aushändigung der Beurteilung gekommen sei. Es habe einen Termin gegeben, und zwar am 03.02.2006, der zur Beanstandung der Klägerin geführt habe. Zur Behebung des Berichtigungswunsches der Klägerin habe man die Beurteilung nochmals zur Beurteilerin nach Hamburg schicken müssen, wobei es wegen häufiger dienstlicher Abwesenheitszeiten zur Fristüberschreitung gekommen sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - 2 Ca 1625/06 - vom 20.12.2006 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und hält an dem in erster Instanz gestellten Hilfsantrag fest.
Die arbeitsgerichtliche Entscheidung wird im Wesentlichen damit verteidigt,
dass es aus dem Sinn der Bekanntmachungsfrist sich zwingend ergebe, da es auch um eine künftige Verwendung des Beurteilten gehe, dass eine zeitnahe Besprechung nach Aushändigung erfolgen müsse. Die Bekanntgabefrist zähle damit zu den Vorschriften des Beurteilungsverfahrens im engeren Sinne und seien deshalb zwingend einzuhalten.
Für die Überschreitung der Frist seien keine Rechtfertigungsgründe gegeben, weil in einer Versendung der Beurteilung von Koblenz nach Hamburg ein solcher besonderer Grund nicht liegen könne.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf den Inhalt der Schreiben, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und die nebst ihrer Anlagen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ebenso Bezug genommen, wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 20.12.2006 (Bl. 60-61 d. A.).
Entscheidungsgründe:
Der Anspruch der Klägerin auf Entfernung der dienstlichen Beurteilung kann nach der Entscheidung des BAG vom 08.05.2001 (AZ: 9 AZR 208/2000) Entscheidungsgründe I. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet werden, weil dienstliche Beurteilungen grundsätzlich zulässig sind und ein beachtlicher Verfahrensverstoß, der die Annahme zulässt, es liege kein fehlerfreies Beurteilungsverfahren vor, nicht erkannt werden kann.
Der von der Klägerin gerügte Verfahrensverstoß, nämlich Nichteinhalten der Bekanntmachungsfrist Ziffer 32 Abs. 2 der Beurteilungsrichtlinien, führt nicht dazu, die Beklagte zu verurteilen, die dienstliche Beurteilung aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Erlass und Verwaltungsvorschriften haben regelmäßig nur verwaltungsinterne Bedeutung und ihnen fehlt der normative Charakter, sodass sie nicht geeignet sind, Ansprüche der Arbeitnehmer zu begründen (BAG aaO unter I., II. aa).
Da die Klägerin aber unbestritten einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte das selbstgesetzte Verfahren auch einhält, ist der Verstoß nicht ohne Rechtsfolge, weil der Wortlaut der Beurteilungsrichtlinien das Wort: "ist" verwendet, also eine Mussvorschrift darstellt. Allerdings könne, worauf das Bundesarbeitsgericht hinweist, die Fristüberschreitung nicht automatisch dazu führen, die Regelbeurteilung ersatzlos zu entfernen. Wegen der Regelbeurteilungszeitabstände wäre nämlich, da der Stichtag 1. Mai 2005 verstrichen ist, eine Regelbeurteilung erst wieder zum nächsten Zeitpunkt möglich und damit die Personalakte unvollständig und die Fristüberschreitung, die im vorliegenden Falle gegeben ist, würde noch weiter ausgedehnt.
Die Berufungskammer folgt der Entscheidung des BAG vom 28.03.1979 (AZ: 5 AZR 80/77), wo ausgeführt ist, welchen Sinn die Begründungspflicht bei Beurteilungen hat, nämlich bei der Begründung des gefundenen Ergebnisses, dem Beurteilten die Tatsache anzugeben, aus der die Beurteilung abgeleitet wird, was auch dazu führt, mögliche Rechtstreite zu vermeiden oder aber bei einem möglichen Rechtstreit die Tatsachen angreifen zu können, auf die die Beurteilung gestützt wird. Außerdem sei eine Korrektur möglich, wenn dem Beurteilten der Sachverhalt mitgeteilt wird und eine Korrektur erfolgen kann. Im vorliegenden Falle sind auf Seite 1 des Beurteilungsformulares die allgemeinen Angaben unvollständig gewesen, weil sie auf die Schwerbehinderung der Klägerin nicht hingewiesen haben, weswegen eine Berichtigung erforderlich wurde. Da das Einhalten der Vorgabezeiten zum Beurteilungsverfahren als solchem zu zählen ist, weil die Beurteilungsrichtlinien nach § 1 Abs. 4 der Dienstvereinbarung zur Beurteilung der Angestellten in der Zollverwaltung, geschlossen zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Finanzen vom 15.12.2004, ihre rein interne Wirkung verloren haben und durch die Einbeziehung in der Dienstvereinbarung auch einen Anspruch der Klägerin abgeben, führt dies dazu, davon auszugehen, dass das Beurteilungsverfahren nicht regelgerecht abgewickelt worden ist. Der Einwand der Beklagten, die Zeitverzögerung sei damit zu erklären, dass die Beurteilerin im H nicht habe rechtzeitig die Ergänzung vornehmen können, ist angesichts der Tatsache, dass nicht im Einzelnen angegeben wurde, aus welchen konkreten Verhinderungsgründen eine Unterschrift unter die ergänzte dienstliche Beurteilung nicht möglich gewesen ist, ist demnach unbeachtlich. Ein besonderer Grund für die später als sechs Monate nach der Gremiumsbesprechung, welche im Mai 2005 stattgefunden hat, erfolgte verspätete Aushändigung, liegt nicht vor. Da der Hauptanspruch der Klägerin, die ersatzlose Entfernung der Beurteilung vom 17.06.2005, nicht begründet ist, jedoch ein Fehler im Beurteilungsverfahren anzunehmen ist, ist die Beklagte verpflichtet, das vorgegebene förmliche Verfahren nachzuholen und eine neue Regelbeurteilung für die Klägerin zum 1. Mai 2005 zu erstellen, wobei es auf die von der Klägerin gemachten Einwände bezüglich der Qualifizierung ihrer Tätigkeit in diesem Zusammenhang nicht ankommt, weil die vorhandene Beurteilung wegen des Verfahrensfehlers nicht zur Grundlage der Regelbeurteilung gemacht werden kann.
Obwohl die arbeitsgerichtliche Entscheidung abgeändert und dem Hilfsantrag der Klägerin entsprochen wurde, sind der Beklagten als der unterlegenen Partei die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO, weil die Mehrforderung der Klägerin geringfügig ist und keine besonderen Kosten verursacht hat.
Die Berufungskammer hat die Revision für beide Parteien deshalb zugelassen, weil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG ausgemacht worden ist.
Ende der Entscheidung
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